Studie: Wandel in der Immobilienwirtschaft
Im Rahmen eines empirischen Forschungsprojektes untersuchte der Fachbereich „Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre“ des Forschungscenters für Betriebliche Immobilienwirtschaft (FBI) der TU Darmstadt in Zusammenarbeit mit der Helaba Tochter OFB (Projektentwicklung, Projektmanagement und Real Estate Management) die Auswirkungen der Transformation durch Digitalisierung und Strukturwandel – im Zusammenwirken mit dem ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturwandel – auf die Immobilienwirtschaft.
Ziel des 12-monatigen Projekts war es, die Wirkungsmechanismen des Strukturwandels auf die Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft zu verstehen, sowie den Anpassungsbedarf der bisherigen Geschäftsmodelle, Produkte und Prozesse zu identifizieren.
Big Picture der Transformation
In der Immobilienwirtschaft spricht man von Digitalisierung und Strukturwandel – das Thema scheint in der Branche angekommen zu sein. Fragt man die Akteure allerdings danach, wo denn Handlungsbedarf bestehe, bleiben konkrete Antworten meist aus. Angesichts der zahlreichen fragmentierten Marktanalysen und Technologiebausteine wächst die Gefahr, den Blick für das Wesentliche der Transformation zu verlieren und für die Unternehmen den effektiven Anpassungspfad der Immobilienwirtschaft zu verlassen. Das Projekt verfolgte deshalb den Zweck, die Treiber dieses Strukturwandels zu systematisieren – und aufzuzeigen, welchem Handlungsdruck die einzelnen Akteure der Immobilienwirtschaft ausgesetzt sein werden.
Strukturwandel in der Immobilienwirtschaft –
mehr als Digitalisierung
Den Studienergebnisse zu Trends und Strukturwandeltreibern folgend glauben die Forschenden, dass die Immobilienwirtschaft vor einem tiefgreifenden Transformationsprozess stünde. Der stärkste Einfluss auf die Immobilienwirtschaft gehe nach Einschätzung der befragten Entscheidungsträger von der Urbanisierung und dem sozio-demografischer Wandel aus. Diese Trends sollen die Nachfrage- und Angebotsstrukturen innerhalb der Immobilienmärkte maßgeblich und nachhaltig beeinflussen.
Der Strukturwandel wird sich weiter verstärken
Aus den Ergebnissen der Studie sei ersichtlich, dass der immobilienwirtschaftliche Strukturwandel mit seinen Veränderungsprozessen des Wertschöpfungssystems vielen immobilienwirtschaftlichen Akteuren erst noch bevorstehe. Die Mehrheit der Befragten sehe den Einfluss des Strukturwandels auf ihr Unternehmen in den nächsten 5 Jahren massiv steigen. Damit würde die Bau- und Immobilienwirtschaft zukünftig dann vor einer ähnlich großen Transformationsherausforderung stehen, wie viele andere bedeutende Wirtschaftszweige – beispielsweise der Automobilsektor oder die Finanzdienstleister.
Transformation bietet Chancen
Im Hinblick auf andere Branchen sei es erstaunlich, wie vergleichsweise wenig die immobilienwirtschaftlichen Akteure die sich bietenden Wettbewerbschancen nutzen, die insbesondere Globalisierung, Urbanisierung und Digitalisierung böten. Hier wird vom Großteil der immobilienwirtschaftlichen Akteure möglicherweise eine Chance vertan. Die Studienergebnisse legten außerdem nahe, dass die Unternehmen Risiken durch neue Marktteilnehmer oder veränderte Nutzeranforderungen infolge des Strukturwandels für ihr bestehendes Geschäftsmodell unterschätzten.
Auch ließen die Ergebnisse darauf schließen, dass es fast jedem zweiten immobilienwirtschaftlichen Akteur derzeit an der notwendigen Zeit und/oder dem geeigneten Personal fehlt, erforderliche Unternehmensveränderungen und damit Anpassungsstrategien im Transformationsprozess zu identifizieren oder gar umzusetzen.
Treibende Kraft: Immobilien-Nutzer
Die Studienergebnisse machen deutlich, dass der Strukturwandel über veränderte Flächen- und Dienstleistungsanforderungen der Nutzer aus anderen Branchen in die Immobilienwirtschaft getragen wird. Die Nutzer sind nicht nur stark für Strukturwandelthemen sensibilisiert, sondern unter allen Akteursgruppen auch am stärksten betroffen. Sie bewerteten den bereits in den letzten 5 Jahren erfolgten Strukturwandel mit Abstand am gravierendsten.
Auch zukünftig wird nach Einschätzung der Nutzer der Druck des Strukturwandels auf die Immobilienwirtschaft noch einmal massiv steigen.
Für die befragten Nutzer stehe die Optimierung der Flexibilität der Immobilien im Zentrum der immobilienwirtschaftlichen Anpassung an den Strukturwandel. Zur Schaffung von Flexibilität tragen nach Einschätzung der Befragten vor allem multifunktionale und flexibel nutzbare Gebäude bei. Darüber hinaus sollen die Studienergebnisse auch eine wachsende Nachfrage nach ganzheitlichen Lösungsansätzen in der Bereitstellung von Immobilien zeigen. Diese ganzheitlichen Lösungen beziehen sich in erster Linie auf Dienstleistungen aus einer Hand – aber auch auf flexible Bereitstellungsformen von Immobilien.
Projektentwickler als Lösungsanbieter gefordert
Die Projektentwickler bewerteten nach den Nutzern den Einfluss der vorgenannten Trends auf die Immobilienwirtschaft am höchsten. Sie sind nicht nur entsprechend sensibilisiert, sondern auch in ihrer täglichen Arbeit betroffen und erwarten in den kommenden 5 Jahren die stärkste Zunahme des Einflusses des Strukturwandels auf ihr Geschäftsmodell. Als Reaktion auf den Strukturwandel sollten unter anderem multifunktionale Immobilien, Revitalisierungen im Bestand und intelligente Gebäude mit Gebäudeautomation für Projektentwickler an Bedeutung gewinnen.
Den veränderten Bedarfen der Nutzer folgend, hielten knapp zwei Drittel der Befragten ganzheitliche Dienstleistungen für zukunftsweisend. Beinahe die Hälfte der befragten Projektentwickler hatte insbesondere Betreibermodelle bei der Anpassung ihrer Geschäftsmodelle im Fokus. Dabei werden offensichtlich sowohl eigene Betreibermodelle als auch Kooperationen mit markterfahrenen Betreibern als Strategie in Betracht gezogen.
Die Projektentwickler sollen sich im Zuge des Strukturwandels aufgrund ihrer Position zwischen den Nutzern und dem Kapitalmarkt verstärkt in der Rolle eines Lösungsanbieters wiederfinden. Der Erfolg eines Projektentwicklers werde zukünftig noch stärker davon abhängen, inwieweit er es versteht, sowohl den Immobiliennutzern als auch den Immobilieninvestoren Produkte zu liefern, die deren Anforderungen gemeinsam gerecht werden.
Die vollständige Studie und weiterführende Informationen finden Sie bei Interesse unter den nachfolgenden URLs:
Studie: Transformation der Immobilienwirtschaft
Digitalisierung in der Immobilienbranche
FBI
Lemonbeat
OFB
TU Darmstadt