Smart Meter Rollout: Warum so unsmart?
Gut Ding will Weile haben. Wirklich? Foto: AdobeStock, Vaceslav Romanov
Der Smart Meter Rollout ist derzeit eines der beherrschenden Themen der Energiewirtschaft. Die Grundidee ist erst einmal simpel: gib den Verbrauchern mehr Informationen über Ihren Energieverbrauch, dann werden sie sich energie- und preisbewusster verhalten. Das Mittel zum Zweck: der intelligente Zähler, neudeutsch Smart Meter genannt. Was dann bei der weiteren Umsetzung heraus kam, ist allerdings weder intelligent noch smart. Was ist da passiert?
Heute installieren EVUs bei ihren Kunden entweder dumme Digitalzähler ohne jeden (Informations-)Mehrwert oder ein sogenanntes „intelligentes Messsystem“. Das allerdings ist teuer, überreguliert und mit einem bürokratischen Wasserkopf verbunden, der dann auch dazu führte, dass die einfache Idee fast zehn Jahre bis zum nun immer noch bevorstehenden Rollout brauchte.
Wie so oft, ist gut gemeint nicht gleichbedeutend mit gut gemacht. Der Zielkonflikt, einerseits für Endverbraucher interessante Informationen zu Stromverbrauch und Stromfressern bereitzustellen, möglicherweise auch noch monatliche Rechnungen auf Basis des tatsächlichen Verbrauchs zu realisieren und andererseits steuerbare Lasten in einer sensiblen Infrastruktur wie dem Stromnetz anbinden zu wollen, führte zum heutigen Rollout-Chaos. 80% des Marktes haben vom Smart Meter Rollout außer höheren Kosten nichts, die anderen 20% haben überschaubare Vorteile zu vergleichsweise hohe Kosten. Die gute Nachricht: dass muss nicht so bleiben.
Nun ist es unbestritten, dass dort, wo im Stromnetz Verbraucher an- und abgeschaltet werden können, besondere Sorgfalt geboten ist. Ob das intelligente Messsystem inklusive der prozessualen Auflagen bei der Produktion und Logistik dafür der richtige Weg ist, soll hier gar nicht Thema sein.
Technische Steinzeitlösungen aus einer Welt ohne Smartphones
Dass es aber im Zeitalter des Internet der Dinge bessere Lösungen geben kann, als Verbraucher mit der Taschenlampe in den Keller zu schicken, um ihren Stromverbrauch von vor drei Tagen zu erfahren, sollte klar sein. Es gibt diese Lösungen bereits im Markt. Auch von der Lemonbeat.
Aktuell wird allerdings lieber um deren Zulässigkeit gestritten. Aus der Beobachterrolle kann man hier nur wünschen, dass sich der gesunde Menschenverstand durchsetzt und auch in der Energiewirtschaft Lösungen akzeptiert werden, die dem Stand der Technik entsprechen, der beispielsweise in der Konsumgüterindustrie schon seit Jahren üblich ist.
Irritierend ist bei der Diskussion aber, mit welcher Selbstverständlichkeit Teile der Energiewirtschaft und die damit befasste Politik so tun, als ob technische Steinzeitlösungen mit über Jahre entwickelten bürokratischen Fußangeln auf einem anderen Planeten stattfinden als Smartphone, Smart Home und sonstige digitale Produktangebote.
Verbraucher sind längst an das Mobiltelefon als zentraler Bedieneinheit für nahezu jede Funktion im persönlichen Bereich gewöhnt. Und sie erwarten schlicht, wichtige Informationen in einer App anschaulich visualisiert zu erhalten. Das ganze übrigens mit Produktinnovationszyklen von maximal zwei Jahren. Sich hier den Luxus zu gönnen, über Umsetzungsdetails jahrelang zu diskutieren, kann man machen. Wird dann aber nichts – jedenfalls nichts erfolgreiches. Insofern sind Branchentreffen, bei denen man sich zum nun wirklich bald bevorstehenden Rollout beglückwünscht eher skurril. Die ersten – auch Energieversorger – steigen inzwischen aus dem Geschäft schon wieder entnervt aus. Und was würde rund um die Geschäftsmodelle des Messstellenbetriebs erst passieren, wenn einer der Platzhirsche aus der Digitalwirtschaft das Thema für sich entdeckt?
In diesem Sinn mein Plädoyer an die Energiewirtschaft: nicht mehr lang schnacken, sondern rein ins Feld mit wirklich smarten Metern und darauf basierenden Leistungen.
An der Technik wird es nicht scheitern!