IoT vs. M2M: Alter Wein in neuen Schläuchen?
Es ist nicht ungewöhnlich, dass erfahrene Entwickler den Begriff „Internet der Dinge“ hin und wieder etwas kritisch sehen. Gerade den älteren Semestern scheint IoT doch dem zu entsprechen, was sie selbst einst als M2M (Machine-to-Machine)-Kommunikation, kannten; lange bevor heutige Entwickler von Smartphone-Apps überhaupt in ihren Windeln steckten.
Vor einiger Zeit kam es zu einer kleinen Diskussion innerhalb einer LinkedIn IoT Gruppe.[1] Es war eine Reaktion auf einen früheren Artikel von mir hier auf WeSpeakIoT. Dort ging es um die Vordenker des Internet der Dinge (IoT). Das Feedback: Hinter dem Begriff „Internet der Dinge“ stünde doch kaum mehr als ein Schlagwort für eine Technologie, die es schon sehr lange gibt. Ist der Hype um das IoT also nichts anderes als „alter Wein in neuen Schläuchen“? Fügen wir noch ein paar Gedanken hinzu.
IoT vs. M2M der 1990er Jahre
Pioniere der M2M-Kommunikation konnten mit der begrenzten Bandbreite kleine Wunder vollbringen. Verkaufsautomaten, die beispielsweise Snacks und Erfrischungsgetränke ausgaben, wurden beispilesweise mit einem Wählmodem ausgestattet. Über eine Festnetzleitung war es an eine zentrale Steuerung angeschlossen. So konnte der Automat schon damals automatisiert Statusberichte und Benachrichtigungen liefern; etwa wenn die Produkten im Automaten knapp wurden. Auch ein Kartenzahlungs Terminal ist eine frühe Anwendung für die M2M-Kommunikation mit niedrigen Datenraten über das Telefon-Festnetz.
Schon damals konnten also bereits Fernüberwachung, -steuerung und -transaktionen durchgeführt werden. Viele IoT-Systeme erfüllen heute im Grunde nur die gleichen Funktionen. Allerdings werden heutige LED-Straßenlampen eher über eine drahtlose LoRaWAN- oder Mobilfunkverbindung an ein Internet-Gateway angeschlossen, nicht über ein Einwahlmodem. Die Internetverbindung ermöglicht eine Browser-basierte Fernbedienung, der Browser wird aber weiterhin in ähnlicher Weise für die Fernsteuerung und Überwachung des Systembetriebs verwendet.
Ist das IoT also das gleiche alte Modell, nur hübsch neu verpackt?
Das Datentransportmedium heutiger IoT-Systeme unterscheidet sich von den alten M2M-Kommunikationsverbindungen, aber die Funktionalität sieht in vielen Fällen noch fast identisch aus. Alter Wein in neuen Schläuchen?
Nun, nur wenn wir die potenziellen Vorteile ignorieren, die bei der gemeinsamen Nutzung großer Datenmengen in einem großen Netzwerk erzielt werden können – und dieses Potenzial ist der Hauptgrund für das Internet der Dinge. Nicht die reine Konnektivität. Von Anfang an, als der Brite Kevin Ashton den Begriff als Produktmanager bei Procter & Gamble prägte, war das IoT als Plattform für den Austausch maschinengenerierter Daten konzipiert. In den späten 1990er Jahren war das Internet hauptsächlich noch ein Quelle für von Menschen erzeugte Daten: Dokumente, Fotos und so weiter.
Ashtons Erkenntnis war, dass Maschinen viel zuverlässiger, objektiver und günstiger sind als Menschen. Maschinen – oder „Dinge“ – können in kurzer Zeit viel mehr und genauere Daten erzeugen als Menschen. Darüber hinaus stellt das Internet verschiedene universelle Standardprotokolle für Netzwerkschnittstellen, vernetzte Dienste usw. zur Verfügung. Und in Ashtons Vision des IoT ist der Teil „Internet“ genauso wichtig wie der Teil „Dinge“. So ermöglicht es die Schaffung offener Plattformen für IoT-Dienste und die gemeinsame Nutzung von Daten.
Stellen wir uns intelligente Haustür-Schlösser vor, die es den Bewohnern ermöglichen, einen Kurier mit einem einmaligen Schlüsselcode in einer Smartphone-App zu autorisieren: Im Idealfall unterstützen alle Hersteller von intelligenten Türschlössern und alle Kurierdienste die gleiche Plattform – das Internet. Tausende von Einzelhandels-Anwendungen könnten problemlos mit jeder Kombination aus Smart Lock und Kurierdienst kompatibel gemacht werden.
Statt wie früher nur Webseiten sind, es heute die „Dinge“, die sich nahtlos miteinander verbinden lassen. Das World Wide Web wurde aber erst dann populär, als die kritische Masse von Nutzern, Webseiten und Diensten wie Browsing und E-Mail zur Verfügung standen. Gleiches gilt für das Internet der Dinge: Es muss erst eine kritische Masse an Verbindungen, Daten und Diensten entstehen um das IoT endgültig zum Durchbruch zu verhelfen.
Das Internet der Dinge steckt (immer) noch in den Kinderschuhen
Das ist er also, der Unterschied zwischen dem alten M2M-Modell und dem IoT: Das alte Automaten-System war eine geschlossene Technologie mit nur einer Funktion. Das IoT bietet eine universelle Plattform, und jedes angeschlossene „Ding“ kann in der Vernetzung mit anderen Systemen eine unendliche Bandbreite von Diensten erfüllen.
Diese Fülle an Dienstleistungen gibt es derzeit nur im Ansatz. Denn das Internet der Dinge steckt immer noch in den Kinderschuhen. Im Laufe der Zeit wird sich das ändern. Dann werden die Unterschiede zwischen dem IoT und dem klassischen M2M Modell deutlich.