Smart Farming – Produktive, nachhaltige Agrarwirtschaft
Die fortschreitende Digitalisierung gewinnt auch in der Agrarwirtschaft zunehmend an Bedeutung: Datengestützter gezielter Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Sensoren zur Bodenanalyse und autonomes Fahren sind nur einige Schlagworte in der derzeitigen Diskussion um Farming 4.0 oder Smart Farming.
Welches Potenzial in der digitalen Landwirtschaft steckt, verdeutlichte auch der Fokustag „Farming und Food Technologietrends“, den die Bielefelder itelligence AG zusammen mit der Technischen Hochschule OWL und HARTING sowie weiteren Partner am 25. September 2019 in Bielefeld (itelligence, Königsbreede 1, 33605 Bielefeld) veranstaltete. Die Technologiegruppe präsentierte dort zum Smart Farming unter anderem auch die „HARTING MICA“ (Modular Industry Computing Architecture), die eine effiziente Nutzung der Anbaufläche möglich macht.
„Smart Farming kann durch einen präziseren und ressourceneffizienten Ansatz eine produktivere und nachhaltigere Agrarwirtschaft unterstützen„, sagte Dr. Jan Regtmeier, Director Product Management bei HARTING IT Software Development.
Edge Computing auf dem Acker
Regtmeier stellte in Bielefeld den Einsatz der „HARTING MICA“ und ihren Nutzen für die Landwirtschaft vor. Mit dem Edge Computer können Prozesse und Verfahren lückenlos kontrolliert und alle relevanten Daten dokumentiert werden. „Das schafft Sicherheit beim Landwirt, aber auch Vertrauen beim Verbraucher„, wie Regtmeier weiter erklärte.
In zwei konkreten Anwendungsbeispielen sammelte die MICA die Daten. Im ersten Fall erhob die MICA Daten von zwei Waagen, auf denen Schlepper samt Anhänger gewogen wurden, um die angelieferte Menge an Mais zu erfassen. Zusätzlich wurde der Schlepper eindeutig identifiziert, um eine eineindeutige Zuordnung zur Ackerfläche sicherzustellen. Die so erfassten Daten wurden verarbeitet und in die Cloud zur weiteren Auswertung geschickt. Im zweiten Anwendungsfall erfasste die MICA Daten im kritischen Maischeprozess. Diese Daten wurden dann für eine Prozessoptimierung mittels Data Analytics genutzt.
[Maischen ist ein Arbeitsverfahren bei u.a. dem Bierbrauen, der Weinherstellung und der Herstellung von Whisky, Korn-, Kartoffel- und Obst-Schnäpsen und Obstweinen. Dabei wird der zu bearbeitende Rohstoff mit geeigneten Hefepilzen, meist Reinzuchthefen, vermischt. … Quelle: Wikipedia]
„Datengetriebe Landwirtschaft ermöglich ganz neue Ansätze, wie wir heute und in Zukunft eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion sicherstellen werden„, erläuterte Dries Guth, Principal Innovation Manager und Leiter IoT Innovation Lab bei itelligence. Daten, die über Sensoren aus dem Boden, über Landmaschinen, aber auch über Satellitenbilder in intelligente Systeme zusammengeführt werden, ermöglichen nicht nur eine Optimierung des Ertrags, sondern auch den ressourcenschonenden Einsatz von Wasser oder Pflanzenschutzmitteln. „Dabei geht es auch darum, neue Formen der Nahrungsmittelproduktion zu erkunden, wie es heute zum Beispiel in den Bereichen Urban Farming oder Vertical Farming erfolgt„, ergänzte Dries Guth.
„Das Potenzial bei Smart Farming ist riesig„, ist Regtmeier überzeugt. Die Agrarwirtschaft habe gerade erst begonnen, die Digitalisierung für sich zu nutzen.
Smart Farming Welt
Unter diesem Titel fand vom 01.03.2016 bis 31.05.2019 ein Pilotprojekt zur herstellerübergreifenden Vernetzung von Maschinen im landwirtschaftlichen Pflanzenbau mithilfe einer Serviceplattform (Smart Farming) statt, an dem sich unter anderem das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die Telekom, das RWTH Aachen, Logic Way, die Grimme-Gruppe, das Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz und CLAAS mit Know-How, Geräten und Mitteln beteiligten.
Auf Basis der intelligenten Systeme wurden auf der Plattform kontextsensitive Smart Services angeboten, die die Produktivität der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion erhöhten. Die Potenziale von datenbasierten Dienstleistungen und intelligenten Netzen werden in Deutschland bisher nur in Ansätzen ausgeschöpft.
Gerade in der Landwirtschaft müssen von den Landtechnikherstellern – sowie landwirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen – zahlreiche Kundentypen bedient werden. Über den gesamten landwirtschaftlichen Produktionsprozess hinweg sind zahlreiche Prozessbeteiligte einzubinden. Die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit kann durch Informations- und Kommunikationstechnologien optimiert und der Mensch in seinen Entscheidungen unterstützt werden.
Die moderne Landtechnik ist mittlerweile bereits durch einen hohen Grad an Konnektivität charakterisiert und bietet daher einen idealen Ausgangspunkt, weitere Entwicklungen hin zur vollständig vernetzten Landwirtschaft anzugehen. Im Projekt wurden „Schläge“ (ein in der Landwirtschaft bewirtschaftetes Flurstück) und Maschinen untereinander vernetzt und externe Datenquellen, wie Wetter- oder Topologiedaten, integriert. Die Plattform aggregierte und analysierte die eingehenden Daten und stellte die Basis für neue Dienstleistungen wie beispielsweise optimierte Dünge- oder Erntestrategien zur Verfügung. Die Plattform optimierte schlussendlich den Gesamtprozess, erhöhte die Produktivität der Pflanzenproduktion und realisierte eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs.
Die Steigerung einer betrieblichen Prozesseffizienz wird durchschnittlich auf elf Prozent angegeben. Die Kosten konnten im Schnitt um sieben Prozent gesenkt werden. Unbestritten: Auch auf dem Acker ist das IoT mit Smart Farming angekommen – und die Zukunft könnte noch „smarter“ werden.