Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft: Für die Zukunft gerüstet
Anders als in der IT-Branche, bei der Neuentwicklungen mindestens im Jahresrhythmus anstehen, geht es in der Wohnungswirtschaft bei der Planung, beim Bau und im Betrieb etwas gemächlicher zu. Hier plant man in der Regel in Dekaden statt Quartalen. Und dennoch: Man wird keinen Bogen um die Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft machen können. Doch wie bringt man beides nachhaltig und zukunftssicher zusammen? Das EBZ macht es vor.
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Das EBZ „Reallabor“
Das Europäische Zentrum der Immobilien- und Wohnungswirtschaft (EBZ) in Bochum will es genau wissen und hat den im Sommer frisch eröffneten Erweiterungsbau als „Reallabor“ konzipiert, in dem Neuentwicklungen implementiert, getestet und erforscht werden sollen. Kurzum, hier wird die Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft am „lebenden Objekt“ getestet.
Das kontinuierliche Wachstum des EBZ machte einen Erweiterungsbau notwendig. Hervorgegangen aus dem 1957 gegründeten Ausbildungswerk der Wohnungswirtschaft zog die Einrichtung 1997 aus dem Ratinger Stadtteil Hösel in die Ruhrmetropole. Mit dem Umzug wuchs das Bildungsangebot und spätestens seit der Gründung der EBZ Business School vor zehn Jahren auch der Bedarf nach einer Erweiterung. Das EBZ baute aber nicht einfach nur ein neues Gebäude, sondern verknüpfte den Neubau mit der Erforschung künftiger Herausforderungen der Branche – allen voran die Digitalisierung.
Nur knapp 16 Monate dauerte die Fertigstellung des Gebäudes. Jetzt geht es an die Details. Ein erstes Projekt im „Innovation Lab“ des EBZ ist der „Smarte Heizungskeller“. Im Fokus steht dabei die effiziente Wärmeerzeugung und -verteilung im Gebäude. Es kommen zwei Gaswärmepumpen für die Wärme- und Kälteversorgung sowie ein Spitzenlast-Brennwertkessel für die Wärmeerzeugung zum Einsatz. Für die Regelungstechnik und die Gebäudeautomation werden konsequent moderne IT-Architekturen eingesetzt.
Als Projektpartner beteiligt sind unter anderen die innogy als Wärme- und Energielieferant sowie ihre 100-prozentige Tochter Lemonbeat, die mit ihrer modernen IT-Technologie für die datentechnische Integration aller Zähler und Anlagen im Heizungskeller zuständig ist.
Die 2015 gegründete Lemonbeat hat eine Lösung für nachhaltiges Immobilienmanagement entwickelt, die mithilfe flexibel einsetzbarer Funktechnologien beliebige „Dinge“ miteinander sprechen lässt. In diesem Fall also alle Zähler und Geräte, die in einem Heizungskeller eingesetzt werden. Im EBZ Heizungskeller sammelt die Lemonbeat Technologie beispielsweise die Zustandsdaten aller installierten Zähler und Geräte ein und bietet dem Betreiber der Immobilie die Möglichkeit zur zentralen Fernabfrage oder gar Steuerung der Anlagen. All das wird auf Basis etablierter Internet-Technologien ermöglicht. Damit ist die Zukunftsfähigkeit, eine wichtige Frage in einer Branche, in der man Jahre im Voraus planen können muss, gewährleistet.
Effizientes Gebäudemanagement auch als Nachrüstlösung
Doch um die Technologie für die Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft einsetzen zu können, ist kein Neubau vonnöten. Die Laufzeiten vieler bereits heute verbauter Anlagen im Wohnungsbestand haben lange Produktlebenszyklen. Ein vorzeitiger Austausch wäre wenig wirtschaftlich. Stattdessen können die bestehenden Schnittstellen genutzt werden, um die eingesetzte Technik fit für die Zukunft und damit für das Internet der Dinge zu machen. Ein Beispiel ist das bei Heizungsanlagen oder Wärmemengenzählern verbreitete Modbus Protokoll. Wo es früher notwendig war, trotz einheitlichem Protokoll für mindestens jeden Anlagentyp, oft sogar jede einzelne Softwareversion des Anlagentyps, eigene Adapter und Firmwarestände herzustellen, ist dies nun meistens mit einer Hard- und Softwareversion realisierbar.
Für Lemonbeat war es wichtig, eine Digitalisierungslösung zu schaffen, die sich einfach und kostengünstig in jedem bereits bestehenden Heizungskeller nachrüsten lässt. Dazu werden die betroffenen Geräte mit passenden Adaptern ausgestattet. Die Adapter machen die Anlagen „Lemonbeat-fähig“. Von nun an werden die Mess- und Steuerungsdaten von den Adaptern ausgelesen, über ein kostengünstiges Gateway ins Internet und zurück übertragen und können von einer zentralen Plattform aus gemanagt und weiterverarbeitet werden.
Mit der Nachrüstmöglichkeit für den smarten Heizungskeller wollen innogy und Lemonbeat der Wohnungswirtschaft einen sanften Übergang in eine digitale Zukunft ermöglichen. Der Fokus liegt darin im Umfeld des Wohngebäude-Managements Transparenz über alle Verbräuche zu schaffen und diese zu optimieren.
IP-Technologien ermöglichen zukunftssicheres Konzept für Vermieter
Die durch die Digitalisierung erreichbare hochgranulare Datenlage ermöglicht nicht nur allgemeine Energieeinsparungen und eine Reduktion der Bewirtschaftungskosten, insbesondere im Bereich des Personalaufwandes, sie hilft auch bei künftigen Investitionsentscheidungen. Darüber hinaus werden durch den Remote-Zugriff unnötige Vor-Ort-Besuche eingespart, die wiederum Ressourcen binden und Kosten verursachen. Last but not least kann die Echtzeit-Beobachtung der Installation frühzeitig auf Fehler aufmerksam machen oder einen ungewöhnlich hohen Verbrauch melden, etwa im Falle eines Wasserrohrbruchs.
Die Verwendung von etablierten Internet-Technologien sorgt für die notwendige Investitionssicherheit. So können künftig auch weitere Geräte, wie etwa Unterstromzähler, Wasserzähler und Heizkostenverteiler in den Wohnungen mit dem smarten Heizungskeller kommunizieren. Mit der lokalen Datenerfassung lassen sich auch die individuellen Verbräuche genauer und einfacher erfassen. Das hilft wiederum bei der Optimierung der Anlagen und spart Kosten bei der Rechnungsstellung.
Mit dieser Technologie könnten Vermieter ihren Mietern künftig Tools an die Hand geben, mit denen sie jederzeit über ihre Verbräuche und voraussichtliche Kosten informiert würden. Etwa über eine Smartphone-App. Dies sorgt für Transparenz, Vertrauen und animiert zum Energiesparen.
Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft: Neue Geschäftsmodelle
Noch weitergedacht, könnten Vermieter Services für ältere Menschen anbieten. Sensoren an Türen und Fenstern oder die hochgranulare Erfassung der Verbrauchsdaten kann frühzeitig Unregelmäßigkeiten aufdecken und etwa vor noch eingeschalteten Herdplatten warnen oder automatisch Verwandte oder Pflegepersonal informieren, wenn dem System stark abweichendes Verhalten vom Normalzustand auffällt. Üblicherweise sind solche „Ambient Assisted Living“-Konzepte nur durch die Installation vieler zusätzlicher und teurer Sensoren möglich. Die intelligente und hochgranulare Messung von Verbrauchsdaten ist jedoch heute schon in der Lage, unter Berücksichtigung aller datenschutzrechtlichen Grundsätze, viele dieser Sensorik-Aufgaben zu erfüllen So eröffnen sich für Liegenschaftsbetreiber ganz neue Modelle der Wertschöpfung.
Das EBZ in Bochum ist nicht die einzige Einrichtung, indem die neuen Technologien eingeführt werden. Innogy und Lemonbeat betreiben bereits in mehreren Heizungskellern eines großen Liegenschaftsbetreibers in Nordrhein-Westfalen weitere Pilot-Installationen, die die Vorteile und Wirtschaftlichkeit der Lösung im Dauerbetrieb nachweisen sollen.
Weiteres Informationsmaterial auch unter building.lemonbeat.de