Saubere Städte: Welche Technologie für eine smarte Abfallbeseitigung?
Wir alle kennen das Problem: Die Glas- oder Papiercontainer auf der Straße sind wieder mal voll. Der lokale Entsorger kommt laut Plan aber erst nächste Woche Donnerstag zur Abfallbeseitigung. Das Ergebnis: Die Menschen stapeln ihren Müll neben den Tonnen. Ungeschützt vom Wetter bläst der Wind das Zeug über die Straße, zerbrochenes Glas liegt herum. Dieser Abfall ist für das Recycling höchstwahrscheinlich verloren. Das Umfeld sieht nicht nur schmutzig aus, die Gemeinde verliert auch Geld. Ein Abfallmanagement mit intelligenten Behältern könnte das verhindern. Harald Naumann, Ingenieur für Informationselektronik, erklärt wie.
Während Entsorgungsunternehmen ihre Routen und Reinigungsintervalle grob nach Erfahrungswerten und saisonalen Faktoren, wie beispielsweise Weihnachten oder lokalen Veranstaltungen berechnen, können moderne IoT-Technologien dazu beitragen, den Reinigungsprozess deutlich zu optimieren. Das würde den Unternehmen nicht nur viel Geld sparen, sondern auch helfen, überfüllte Behälter zu vermeiden. Schließlich bedeutet jedes Kilogramm recyclebares Glas oder Papier für die Gemeinde zusätzliches Geld.
In diesem Artikel soll die Stadt Hannover und ihr urbanes Hinterland als Rechenbeispiel dienen. Im Jahr 2014 wurden 24.283 Tonnen (24.283.000 kg) Altglas zur Verwertung gesammelt. Dies entspricht ca. 22 kg pro Einwohner. (Quelle: Aha, das örtliche Recyclingunternehmen für die Region Hannover.) Der durchschnittliche Jahrespreis für Recyclingglas stieg von 36,2 € je 1000 kg im Jahr 2000 auf 48,3 € im Jahr 2008 und sank anschließend auf 45,3 € je 1000 kg im Jahr 2011. (Quelle: Eurostat. http://ec.europa.eu/eurostat/home.)
Wenn es Hannover gelänge seine Bewohner davon zu überzeugen, die Menge an wiederverwertbarem Glas um nur 20 Prozent zu erhöhen, dann könnte die Stadt schätzungsweise 220.000 Euro pro Jahr mehr einnehmen. Innerhalb von fünf Jahren eine weitere Million Euro mehr.
Einige Fakten zur Region Hannover:
- Region Hannover Einwohner = 1.100.000
- Einwohner der Stadt Hannover = 523.000
- Region Hannover Fläche = 2.291 km2
- Stadtgebiet Hannover = 204 km2
- Abfallsammelstellen (Altglas, Papier, Altkleider) = 660
Eine Abfallsammelstelle ist eine Kombination aus mindestens drei Behältern für Altglas (weiß, grün, braun) und zwei Behältern für Altpapier und teilweise weiteren Behältern für Altkleider.
- Eine Sammelstelle wird 1667 Einwohner unterstützen.
- 660 Sammelstellen bedeutet geschätzte 660 x 5 Container im Durchschnitt = 3300 Container
- Die Stadt Hannover verfügt über 313 Abfallsammelstellen = 1900 Container
- Etwa die Hälfte der Einwohner der Region lebt in der Stadt Hannover.
Fahrten zu halbvollen Containern könnten eingespart werden, wenn die Abfallwirtschaft im Voraus wüsste, um welche es sich handelt. Hier helfen Sensoren. Die Technologie zur Erfassung des Abfallniveaus in einem Container ist gut etabliert. Aber um diese sinnvoll zu nutzen, müssen Informationen über jeden Container erfasst und regelmäßig an eine zentrale Stelle übertragen werden. Dort werden die Daten analysiert und dienen als Grundlage für einen Sammelroutenplan. Das bedeutet drahtlose Konnektivität – eine gute, zuverlässige, kosteneffektive, stromsparende und weiträumige (LPWA) Netzwerktechnologie.
Technischer Bedarf
Füllstandssensoren an Altglasbehältern senden einmal täglich eine Statusaktualisierung von 10 Byte; einige senden einmal pro Woche, abhängig von der Nutzung mit dem vom GPS generierten Standort. In Hannover-Südstadt gibt es bereits 15 Abfallsammelstellen pro Quadratkilometer. Eine dynamische Routenberechnung für die Lkw könnte helfen, Fahrten, Diesel, Verschleiß und Abschreibungen auf Stadtgüter einzusparen und die Mitarbeiter der Kommunen für produktiveres Arbeiten zu entlasten.
Darüber hinaus führt ein effizienter Abholservice zu einem besseren „Straßenimage“ motiviert einen größeren Anteil der Bewohner, wieder mehr Abfall dem Recycling zuzuführen. Niemand besucht gerne einen überfüllten Altglascontainer.
Vor zwei Jahren wurde das Volumen der üblichen Hausmülltonnen in Deutschland reduziert. Im Gegenzug stellte man vielen Hausbesitzern kostenlose Papierkörbe für das Altpapier zur Verfügung. Parallel dazu bot ein privates Recyclingunternehmen Hausbesitzern einen weiteren kostenlosen Papierkorb für das Papier an. Altpapier, so scheint es, ist ein großes Geschäft. Jeder der Verwerter fährt mit eigenen Lastwagen vor, um es abzuholen. In meiner kleinen Sackgasse kommt jede zweite Woche zwei Lastwagen und sammeln das Altpapier ein. Wenn zwei Unternehmen heiß darauf sind, an Altpapier zu kommen, dann muss es sinnvoll sein, in der Innenstadt von Hannover mehr Papier und Glas zu sammeln.
Lassen Sie uns also überlegen, wie jede der primären LPWAN-Technologien diese Anforderungen erfüllen könnte.
NB-IoT
Für NB-IoT ist die Einschränkung auf eine Nachricht pro Tag kein Problem, da sie keine Einschränkung des Tastverhältnisses hat und problemlos mehr Daten pro Tag übertragen kann. Die Mülltonnen in Hannover werden jedoch mit einer Batterie betrieben. Intelligentes Design würde unnötige Full-Level-Updates oder GPS-Positionen eliminieren. Auch S/W-Updates über Funk sind mit NB-IoT möglich. Wir können mit einer sehr hohen Downlink-Kommunikationsgeschwindigkeit bei NB-IoT rechnen, die einen Modus namens Multi-Tone verwendet, um 12 NB-IoT-Träger parallel zu verwenden.
SIGFOX
SIGFOX kann diese Aufgabe übernehmen. Die SIGFOX-Technologie bietet maximal nur 6 Meldungen pro Stunde. In diesem Fall benötigen wir nur eine Nachricht pro Tag. SIGFOX kann jedoch keinen Downlink für Firmware-Updates anbieten, da diese auf 4 Meldungen im Download von nur 8 Byte begrenzt sind.
LoRaWAN
LoRaWAN kann das auch. Full-Level-Übertragungen sind nur Uplink. LoRaWAN bietet keine echte bidirektionale Fähigkeit und Upload und Download sind auf einfachem altem Aloha-Protokoll ohne Listen before Talk. Es ist mit einem hohen Paketverlust zu rechnen. LoRaWAN bietet keine Broadcast-Fähigkeit. Alle Knoten müssen von Fall zu Fall miteinander verbunden werden. Das LoRaWAN-Netzwerk ist während einer Downlink-Übertragung des Endgeräts mit Downloads beschäftigt und kann während eines SW-Updates keine Uplink-Nachricht von einem Knoten empfangen. LoRaWAN kann während des Sendens keine Nachricht empfangen; es bietet nur Halbduplex an. Firmware-Updates im Feld sind nicht möglich.
Weightless
Die Weightess-Technologie nutzt TDMA mit listen-before-talk (LBT) und Frequency Hopping. LBT und Frequency Hopping bedeuten, dass Weightless keine Einschränkung der Einschaltdauer hat. Es ist wie LoRaWAN auf einem lizenzfreien Band. Das spart Abogebühren für SIM-Karten von je 2 Euro für 3.300 Abfallcontainer im Jahr.
Wie man die Technologie einsetzt
Kommen wir nun zu einem beispielhaften Einsatz in einer typischen deutschen Klein- und Mittelstadt wie Hannover. Weightless vermeidet die Abogebühren für eine Verbindung zu einem SIGFOX- oder NB-IoT-Netzwerk. Darüber hinaus vermeidet Weightless die Abogebühren für andere Geräte in einer smarten Stadt, wie z.B. Smart Parking oder Straßenbeleuchtung. Hannover hat eine Fläche von nur 204 Quadratkilometern. Der Fernsehturm Telemax ist 282 Meter hoch. Der alte Fernsehturm Telemortix ist 141 Meter hoch. Ein Weightless-Gateway könnte alle Mülltonnen in der Innenstadt abdecken.
Das breitere urbane Hinterland um Hannover herum hat jedoch eine Größe von 2.291 Quadratkilometern. Aus diesem Grund ist eine hybride öffentliche und private Netzbereitstellung sinnvoll. In kleinen Städten wird ein Weightless-Gateway ausreichen um die gesamte Stadt mit Mülltonnen in kleinen Dörfern um die größeren Städte herum abzudecken. Eine kleinere Anzahl von Haushalten, für die sich ein eigenes Netzwerk nicht lohnt, könnten durch NB-IoT abgedeckt werden.
Die Weightless-Technologie bietet auch echte bidirektionale Kommunikationsfähigkeiten, die FOTA (Firmware Over-the-Air) ermöglicht, da Weightless zusätzlich Zeitduplex (TDD) verwendet. TDD ermöglicht sowohl Uplink- als auch Downlink-Übertragungen über dieselben Kanäle um Paketverluste zu vermeiden.
Fazit
Der Gewinner für dieses Abfallcontainer-Beispiel ist die Weightless-Technologie, gefolgt von NB-IoT oder einer Kombination aus Weightless und NB-IoT. SIGFOX-Technologie und LoRaWAN sind in Ordnung, wenn der Betreiber bereit ist, das Risiko einer nicht zukunftssicheren Bereitstellung durch fehlende Firmware-Upgrades in Kauf zu nehmen.
Möglicherweise stellen Recyclingsammelstellen keine kritische Infrastruktur dar, zumindest aus Sicherheits-Gesichtspunkten, so dass Firmware-Upgrades in diesem Anwendungsfall nicht so wichtig sind wie beispielsweise in einer Verkehrsmanagement-Anwendung. Und 3000 Endgeräte, die sich in Positionen befinden, die regelmäßig wöchentlich besucht werden, lassen sich relativ leicht manuell nachrüsten. Während Endgeräte an ungünstigeren Standorten oder in Fällen, in denen wesentlich mehr Endgeräte in einem Netzwerk vorhanden sind, durch regelmäßige physische Besuche zur Aktualisierung der Software sicher nicht wirtschaftlich gewartet werden können.
Dieser Artikel erschien zuerst in einer ähnlichen Version auf Englisch im IoT M2M Blog.